Unternehmensmedien im Brennpunkt globaler Revolution

Kaum hat die COVID-Krise den Mittelpunkt internationaler Berichterstattung verlassen, etablierte sich mit Black Lives Matter ein neuer Brennpunkt internationalen Aufruhrs. Die Geschwindigkeiten des Informationswechsels und der Nachrichtenbrisanz haben nach der Gesundheitskrise wieder volle Fahrt aufgenommen und tangieren aktuell sogar auch unsere heimischen Unternehmensmedien.

Law without Order

Begonnen hat Black Lives Matter eigentlich bereits 2013, also schon viele Jahre vor der schrecklichen Ermordung von George Floyd im Mai 2020. Aber die brutale Tat wurde diesmal auf Video festgehalten und entfachte innerhalb kürzester Zeit einen globalen Flächenbrand. Einerseits war Polizeibrutalität gegen Afroamerikaner zwar bereits vorher ein medial verbreitetes Thema, andererseits war gerade diesmal die Medialität der Tat unmittelbarer Auslöser, um rassistisches Gedankengut amerikanischer Polizeibeamter exekutiert zu sehen. Recht zögerlich wurden die Polizeibeamten in weiterer Folge zur Verantwortung gezogen. Gesetz und Ordnung gilt in den USA also nach wie vor nicht für alle Bevölkerungsschichten in selbem Ausmaß.

Unlösbare Konflikte und Aufruhr

Freilich zeigten sich auch etliche Ordnungshüter solidarisch mit der schwarzen Bevölkerung. Die Polizei steckt selbst im Lösungskonflikt fest, um Rassismus in ihren eigenen Reihen zu bekämpfen. Die Ausbildung und Bezahlung sind schlecht, für amerikanische Cops bedeutet es außerdem kein Selbstverständnis, nach Dienstende unversehrt und lebendig ihre Familien wiederzusehen. Ein nervöser Finger am Abzug lässt sich damit vielleicht erklären, eine brutale Hinrichtung dagegen, egal welcher Hautfarbe, keinesfalls. Bedauerlicherweise haben friedliche Demonstrationen nicht zur Konfliktlösung beigetragen, sondern Aufruhr entfacht, der international betrachtet aber nur das Thema präsent hält. Deshalb dauerte es auch nicht lange, bis einige umstrittene Unternehmensmarken im heimischen Wirtschaftsumfeld erneut in den öffentlichen Fokus gerieten.

Ein „Mohr“ als zwiespältige Unternehmensmarke

Mohrenbräu ist beispielsweise eine traditionelle Bierbrauerei im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Das Unternehmen wurde um 1834 von Josef Mohr gegründet und zeigt nach Angaben des Unternehmens als Wortbildmarke „Mohren“ das Abbild des heiligen Mauritius. Vorlage hierfür soll das Familienwappen des Gründers Josef Mohr gewesen sein. Die Deutung eines rassistischen Hintergrundes kann anhand dieser Daten also nicht eindeutig identifiziert werden. – Die Doppeldeutigkeit und negative Konnotation, die das Logo seit vielen Jahrzehnten verfolgt, jedoch schon eher. Der heilige Mauritius hat sich während der vielen Jahre in seinem Erscheinungsbild auf der Biermarke doch sehr gut erkennbar europäisiert. Die Diskussionen um das Logo der Brauerei reißen indes nicht ab. Zum Shitstorm haben sich Gegenbewegungen gebildet, um die Traditionsmarke in ihrem Erscheinungsbild lebendig zu halten.

Das Dilemma des Unternehmens zweigt natürlich im hohen Risiko einer Veränderung des Logos und den immensen Kosten, die eine solche Veränderung mit sich ziehen würden. Kein Wunder, weshalb Werbeagenturen bereits gierig ihre Bleistifte spitzen, um den Krauskopf in eine Baumkrone zu verwandeln. Seltsamer erscheint mir auf erstem Blick die mangelhafte PR-Arbeit des Unternehmens. Sollte es sich tatsächlich um ein Wortspiel des Gründers in Verbindung und Verehrung eines Heiligen handeln, würde es sich doch auch lohnen, das Wappen und die Marke also solche stärker zu verteidigen. Andererseits scheint sich das Unternehmen Mohrenbrauerei selbst nicht der wahren Herkunft und Bedeutung des Logos sicher zu sein. Auf der Unternehmenswebsite lesen wir folgende Zeilen:

„1784 eröffnete Herr Josef Mohr in Dornbirn eine Gaststätte mit angeschlossener Brauerei, benannte das Haus “Zum Mohren” und verwendete hierfür das Familienwappen, welches einen Mohr abbildete.“ Und weiter: „Seit diesen Tagen steht nun der „Mohr“ für unser Bier…“

Also doch nicht der heilige Mauritius? Die abfällige und abwertende Bezeichnung eines Heiligen als „Mohr“ entspricht jedenfalls keiner Erklärungsmöglichkeit gelungener PR-Arbeit.

Die nächsten Monate werden vielleicht zeigen, wie die Bierbrauerei ihr zukünftiges Erscheinungsbild gestalten will. Ein guter Anfang wäre, das Bewusstsein über die Herkunft und Tradition der eigenen Unternehmensmarke noch einmal zu schärfen und angemessen zum Ausdruck zu bringen.

 

 

Bezahlfernsehen statt Spartenfernsehen

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Während der COVID-Krise entwickelten wir uns nahezu schlagartig wieder zurück zu den „Couch-Potatoes“ der Fernsehfrühzeit. Überhaupt gewann der gemeinschaftliche Medienkonsum mehr an Bedeutung. Kein Wunder also, weshalb Hollywoods Filmindustrie schon früh auf Video on Demand als Erstverwertungskette setzte und damit die Kinoindustrie erzürnte. Und obwohl speziell das Pay-TV recht zögerlich reagierte, um seinem bezahlten Versorgungsauftrag halbwegs gerecht zu werden, reißen die Diskussionen um die Rundfunkgebühren des rechtlich-öffentlichen Fernsehens nicht ab.

Gähnende Leere, Wiederholung und „Beruhigungspakete“ im Pay-TV

Medienkonsumenten, die zum Beispiel ausschließlich Sport-Pakete beim Pay-TV-Anbieter SKY bestellt haben, saßen die ersten Tage der Krise vor leeren Bildschirmen. Um die bezahlende Zuschauerschaft nicht zu vergrämen, folgten Wiederholungen von Sportereignissen. Spannung ade. – Wer will schon ein längst vergangenes Tennisfinale oder Fußballweltmeisterschaftsfinale nochmals sehen? Dafür bezahlte der Kunde für die sich ständig wiederholenden Werbeschaltungen zusätzlich fleißig weiter. Erstaunlicherweise reagierte SKY, wohl aufgrund zunehmender Abo-Kündigungen relativ spät, indem „Beruhigungspakete“ freigeschalten wurden. Der Sportfan wurde daraufhin ungefragt zum Cineasten umprogrammiert und erhielt für einen kurzen Zeitraum Zugang zu einem sich ebenfalls ständig wiederholenden Filmpaket. (Natürlich auch nicht frei von Werbeschaltungen.)

Öffentlich-Rechtliches Fernsehen als Spartenfernsehen

Dafür hat sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen während der Krise hervorragend als Spartensender im Bereich Information bewährt. Freilich hat hier das ORF-Flaggschiff ZIB maßgeblich beigetragen. Trotzdem stand Information als aufmerksamkeitserregende Sparte wieder schlagartig hoch im Kurs eines ganzen Senders, der zudem seinem Kernauftrag „Vollversorgung“ entsprechen konnte. Wer wirklich ausreichend und seriös informiert werden wollte, konsumierte das öffentlich-rechtliche Qualitätsmedium. Vergessen waren für kurze Zeit die Vorstellung einer bestehenden Zwangsversteuerung für den Konsum eines öffentlich-rechtlichen Mediums.

Rundfunkgebühren versus Abonnement

Es zeigt sich also die durchaus diffizile Situation eines kommunikativen Arrangements. Warum sollten wir einerseits Rundfunkgebühren für nichtgewollten aber dem Vollversorgungsauftrag entsprechenden Rundfunkempfang als Pflichtsteuer empfinden und andererseits freiwillig für die Nichterfüllung bestellter Abonnements bereitwillig weiterbezahlen? Unser Entertainmentbedürfnis überwiegt offensichtlich auch speziell in Krisenzeiten gegenüber unserem Informationsbedürfnis. Erschwerend gesellen sich die hohen Geschwindigkeiten des Informationswechsels und der Informationsbrisanz hinzu. Freilich öffnet sich dadurch auch wieder die Schere zwischen Information und Entertainment. In einer Welt mit sich ständig wechselnden Nachrichtenbrennpunkten schlägt sich das besonders im Medienkonsum und den damit verbundenen Auswirkungen nieder. Aber dazu etwas mehr im nächsten Beitrag.

 

 

Info und Entertainment in Unternehmensmedien

Die Anforderungen an moderne Unternehmensmedien stehen heute den klassisch-fiktionalen Medien wie zum Beispiel Spielfilmen um nichts mehr nach. Image- oder Produktfilme sollen deshalb nicht nur informative Werbung sein, sondern auch höchstmögliche Aufmerksamkeit erregen und mit spannenden Elementen für reichlich Entertainment sorgen. Als Mediendramaturgen sind wir die Spezialisten, wenn es darum geht, Information und Entertainment in Einklang zu bringen.

Mehr Mut zu Bewegtbildmedien

Als Autor teile ich die Meinung, dass neben der Sprache die Schrift zu den wichtigsten Medien überhaupt zählt. Trotzdem hoffe ich zukünftig auf mehr Mut der Unternehmen, um verstärkt auf Bewegtbildmedien – also Videos oder Filme – als Kommunikationsmittel zu bauen. Während der COVID-Krise haben wir erlebt, dass sich Bewegtbildmedien als Kommunikationsmittel außerdem völlig orts- und zeitunabhängig eignen. Kostentechnisch sind heute hervorragende Videos und Unternehmensfilme mit kleinem Geldbeutel genauso möglich. Als Mediendramaturg sorge ich zum Beispiel dafür, dass Hollywood auch für Klein- und Kleinstunternehmen leistbar wird. Ein weiterer Punkt der klar sein sollte ist, dass sich die Anforderungen an den Medienkonsum fortlaufend beschleunigen und unsere Gesellschaft zusehends „lesefauler“ wird.

Infotainment im Unternehmen

 Bewegtbildmedien eignen sich deshalb auch sehr gut für ausschließlich informative und lehrreiche Inhalte in Unternehmen. Die Dramaturgie eines Dokumentarfilmes oder einer Reportage vermittelt solche Inhalte mustergültig. Das Verständnis und die erfolgreiche Anwendung der dramaturgischen Mechanismen für aufmerksamkeitserregende und unterhaltsame Info- und Lehrinhalte zählt ebenfalls zu den Kernkompetenzen eines Mediendramaturgen. Genauso wie E-Learning-Plattformen sorgen auch wir Mediendramaturgen dafür, dass Mitarbeiter (Fach)wissen schneller und für das Unternehmen preiswerter konsumieren können. Freilich sehe ich gleichzeitig, dass auch im Bereich „Infotainment in Unternehmen“ noch längst nicht das volle Potential erkannt wurde.  

Unterschätzte Medienkanäle nützen

Auch was die Nutzung möglicher Medienkanäle betrifft agieren viele Unternehmen noch sehr „stiefmütterlich“, um es salopp zu formulieren. Nach dem Triumphzug sozialer Netzwerke und allen voran Facebook dauerte es nicht lange, bis auch Unternehmen versuchten, sich aufmerksamkeitswirksam in Facebook zu positionieren. Obwohl sich Facebook bis heute überwiegend als textuelles Push-Medium und damit als sehr arbeitsintensives Medium klassifiziert, übersehen viele Unternehmen noch immer andere und möglicherweise für sie viel passendere Medienkanäle. Broadcast Yourself oder „Inszenieren Sie sich selbst“, so lautet der Slogan der Plattform YouTube. Es handelt sich um ein klassisches Pull-Medium, Informationen werden daher überwiegend aus dem Netzwerk „gezogen“. Funktional betrachtet eigentlich die perfekte Plattform zur Schaffung für „eigenes Fernsehen“. Vielleicht sogar für ein eigenes Unternehmensfernsehen oder nicht?