Bezahlfernsehen statt Spartenfernsehen

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Während der COVID-Krise entwickelten wir uns nahezu schlagartig wieder zurück zu den „Couch-Potatoes“ der Fernsehfrühzeit. Überhaupt gewann der gemeinschaftliche Medienkonsum mehr an Bedeutung. Kein Wunder also, weshalb Hollywoods Filmindustrie schon früh auf Video on Demand als Erstverwertungskette setzte und damit die Kinoindustrie erzürnte. Und obwohl speziell das Pay-TV recht zögerlich reagierte, um seinem bezahlten Versorgungsauftrag halbwegs gerecht zu werden, reißen die Diskussionen um die Rundfunkgebühren des rechtlich-öffentlichen Fernsehens nicht ab.

Gähnende Leere, Wiederholung und „Beruhigungspakete“ im Pay-TV

Medienkonsumenten, die zum Beispiel ausschließlich Sport-Pakete beim Pay-TV-Anbieter SKY bestellt haben, saßen die ersten Tage der Krise vor leeren Bildschirmen. Um die bezahlende Zuschauerschaft nicht zu vergrämen, folgten Wiederholungen von Sportereignissen. Spannung ade. – Wer will schon ein längst vergangenes Tennisfinale oder Fußballweltmeisterschaftsfinale nochmals sehen? Dafür bezahlte der Kunde für die sich ständig wiederholenden Werbeschaltungen zusätzlich fleißig weiter. Erstaunlicherweise reagierte SKY, wohl aufgrund zunehmender Abo-Kündigungen relativ spät, indem „Beruhigungspakete“ freigeschalten wurden. Der Sportfan wurde daraufhin ungefragt zum Cineasten umprogrammiert und erhielt für einen kurzen Zeitraum Zugang zu einem sich ebenfalls ständig wiederholenden Filmpaket. (Natürlich auch nicht frei von Werbeschaltungen.)

Öffentlich-Rechtliches Fernsehen als Spartenfernsehen

Dafür hat sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen während der Krise hervorragend als Spartensender im Bereich Information bewährt. Freilich hat hier das ORF-Flaggschiff ZIB maßgeblich beigetragen. Trotzdem stand Information als aufmerksamkeitserregende Sparte wieder schlagartig hoch im Kurs eines ganzen Senders, der zudem seinem Kernauftrag „Vollversorgung“ entsprechen konnte. Wer wirklich ausreichend und seriös informiert werden wollte, konsumierte das öffentlich-rechtliche Qualitätsmedium. Vergessen waren für kurze Zeit die Vorstellung einer bestehenden Zwangsversteuerung für den Konsum eines öffentlich-rechtlichen Mediums.

Rundfunkgebühren versus Abonnement

Es zeigt sich also die durchaus diffizile Situation eines kommunikativen Arrangements. Warum sollten wir einerseits Rundfunkgebühren für nichtgewollten aber dem Vollversorgungsauftrag entsprechenden Rundfunkempfang als Pflichtsteuer empfinden und andererseits freiwillig für die Nichterfüllung bestellter Abonnements bereitwillig weiterbezahlen? Unser Entertainmentbedürfnis überwiegt offensichtlich auch speziell in Krisenzeiten gegenüber unserem Informationsbedürfnis. Erschwerend gesellen sich die hohen Geschwindigkeiten des Informationswechsels und der Informationsbrisanz hinzu. Freilich öffnet sich dadurch auch wieder die Schere zwischen Information und Entertainment. In einer Welt mit sich ständig wechselnden Nachrichtenbrennpunkten schlägt sich das besonders im Medienkonsum und den damit verbundenen Auswirkungen nieder. Aber dazu etwas mehr im nächsten Beitrag.