Magie mit Dramaturgie: Über die Macht des Geschichtenerzählens

Magie

Eines dürfte jetzt schon vorhersehbar sein: Wenn wir die COVID-Krise endlich überstanden haben, wird es in unseren Kinos Pandemiegeschichten „made in Hollywood“ hageln. Dabei ist die Kunst des Geschichtenerzählens und die damit verbundene Macht alle erdenklichen Gefühlszustände im kollektiven Menschsein zu erzeugen so alt, dass wir sie nicht genau datieren können. Aber solange sich unsere Welt dreht werden wir versuchen, mit der dramaturgischen Erzählung Hoffnung auf Besserung zu erlangen und daran erinnert, dass auch unsere eigene Existenz zeitlich begrenzt ist. Worin liegt also die Magie der Dramaturgie und weshalb finden wir Unterhaltungswerte in Filmen, deren Form und Inhalte immer ähnlicher zu sein scheinen?

Archetypen in Action

Beginnen wir einfach bei Carl Gustav Jung und seinen Archetypen. Den Helden aus der Mythologie, die immer dem Ruf des Abenteuers folgen, dabei schier unmögliche Hindernisse bewältigen und ihr Ziel schlussendlich erreichen. Während ihrer Reise erfahren die Helden dieser Geschichten zudem eine Entwicklung in einen positiven Zustand.

Wenn Sie die Poetik in der englischen Übersetzung lesen, dann wird Ihnen der häufige Gebrauch des Wortes Action auffallen. Das ist die Grundsubstanz spannungsgeladener Geschichten: Drama aus dem altgriechischen bedeutet Handlung oder eben Action in der englischen Übersetzung. Spannende und aufregende Geschichten setzen Handlungen von nicht minder spannenden Figuren voraus. Dieses immer wiederkehrende Muster ist das Erfolgsrezept, das bereits mehrere tausend Jahre und lange vor dem Schriftzeitalter wirkt.

Träume und Sehnsüchte als Katalysator des Storytellings

Unsere Hoffnungen, Ängste, Sehnsüchte und Träume sind der wahre Treibstoff des Geschichtenerzählens. Deshalb sind Geschichten auch viel mehr als ein emotionales Ventil, sie sind ein fixer Bestandteil unseres Menschseins. Enthalten sind immer die Konflikte zwischen „guten und schlechten Elementen“, die schlussendlich eine Beruhigung und den Triumph des guten Elements über das negative Element erfordern. So einfach ist das. Und deshalb ist es uns egal, immer wiederkehrende Geschichten in neuem Gewand zu erleben, solange wir uns mit Figuren und ihren Handlungen identifizieren können. Im dramaturgischen Storytelling werden unsere Wünsche, unsere Hoffnungen oder Ängste durch Handlungen von Figuren vermittelt, um uns in verschiedenste emotionale Zustände zu versetzen.

Wiederkehrende Themen als Quellen der Wiederholung

Es gibt noch viele Themen, die zwar bereits zigfach für Kino und Literatur erzählt wurden aber immer wiederkehren, weil sie sich auch im realen Leben ständig wiederholen. Das negative Thema Pandemie bildet hierzu keine Ausnahme. Trotzdem werden wir uns auch diese Geschichten anhören, ansehen oder weiterhin lesen. Möglicherweise in beruhigtem Zustand der realen Welt, als Mittel der Erinnerung und Mahnung oder einfach nur aufgrund unseres menschlichen Unterhaltungsbedürfnisses.

Dramaturgisches Storytelling beinhaltet die Architektur, um alle möglichen Gefühlszustände in uns zu erregen. Außerdem haben wir alle unsere eigenen Geschichten, sehr viele davon sind tatsächlich auch erzählenswert, weil sie Aufmerksamkeit nicht nur verdienen, sondern auch erregen. Und warum sollten wir uns mit Storytelling nicht nur auf unsere eigenen Stärken besinnen, wenn wir sie auch zeigen könnten und damit neue Verbindungen schaffen und unser gegenseitiges Vertrauen stärken. Auch als Unternehmen sollten wir deshalb nicht auf die Möglichkeiten des Storytellings mit Unternehmensmedien verzichten. Aber dazu im nächsten Beitrag etwas mehr.

 

 

Pixaybay-Bild: KELLEPICS

Simpsons goes black: Warum Satire von Rassismusdebatten überrundet wird

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Während Covid-19 sicher auch die nächsten Monate das mediale Weltgeschehen dominiert, bestimmen zumindest in den USA die anhaltenden Rassismusdebatten den Mediendiskurs in der Traumfabrik Hollywoods. Nachdem die Oscars zukünftig mehr Diversität in ihrem Reglement vorsehen, beginnen auch Erfolgskultserien ihren Zugang zum Diversitätsthema neu zu definieren. Die daraus resultierenden Konsequenzen könnten jedoch neue und nicht minder gravierende Einschnitte in den verschiedensten Kulturgenres bedeuten.

And the Oscar goes to…

Was mit Spannung zu erwarten sein wird ist, welche qualitativen Auswirkungen die Einschnitte der Academy auf die Medienprodukte ausüben wird. Löblich sind die offensichtlichen Bemühungen, mehr Vielfalt im Bereich Medienproduktion und den damit verbundenen Inhalten durch Inklusion ethnischer Minderheiten zu erreichen. Die Debatte rund um „das weiße Hollywood“ und dieses doch endlich etwas farbiger zu gestalten hat sich die letzten Jahre erkennbar zugespitzt. Freilich auch mit dramaturgischer Showinszenierung, als zum Finalhöhepunkt der Oscars 2017 doch noch ein „farbiges Happy End“ möglich wurde.

Wirksame PR-Arbeit ist in Hollywood nicht neu, hochwertige Qualität mit vielfältiger Beteiligung dürfte aber auch zukünftig nicht mit einem Reglement, sondern aufgrund des persönlichen Zugangs der Entscheidungsträger und der Mitgliederzusammensetzung der Academy möglich werden.

Die „Simpsons-Welt“ ist nicht nur gelb

Ebenfalls seit einigen Jahren steht das „Simpson-Universum“ unter massiver Kritik, ethnische Minderheiten mit den Stilmitteln der Satire und somit vor allem der Übertreibung regelrecht zu verspotten. Im Zentrum dieser Debatte standen unter anderem US-Schauspieler Hank Azaria und seine (sprachliche) Interpretation der indischen Figur Apu.

„Farbige Figuren sollen von farbigen Sprechern synchronisiert werden“, und es stellt sich gerade im Genre der Satire und somit in Erfolgsserien wie den Simpsons die Frage, ob weiße Sprecher die besseren Interpreten für farbige Figuren sind. Aber lassen sich Diversität und Inklusion mit auferlegten Reglements und mit Stilbrüchen in Genres wie der Satire tatsächlich erzielen? Umgekehrt wäre es doch sicherlich eine Bereicherung, wenn auch für farbige Komiker mit dem Stilmittel der satirischen Übertreibung endlich die hervorragende Interpretation weißer Figuren möglich wäre.

Extreme Folgen erfordern vernünftiges Handeln

Zweifelsohne ist und bleibt die Dringlichkeit hoch, das Thema Rassismus im medial-kollektiven Gedächtnis evident zu halten. Anstatt mit krampfhaften „Auge um Auge, Zahn um Zahn-Reglements“ vorherrschende Ungleichgewichte beseitigen zu wollen muss eines doch völlig klar sein: Diversität und Inklusion lassen sich nur mit vernünftigen und lösungsorientierten Handlungsweisen erzielen.

Das ist zwar leicht gesagt, aber auf unserer Welt geschieht ständig so viel erzählenswertes, dass ethnische Vielfalt und Partizipation automatisch erforderlich und sogar bedingt werden. Und über diese Geschichten der Welt und die dramaturgische Macht, diese Geschichten erzählenswert zu gestalten, erzähle ich in meinem nächsten Beitrag etwas mehr.

 

 

Pixaybay-Bild: Spital_Emmental

Nachrichtendramaturgie im „Flow“ der Krisenbekämpfung

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Wieder sind die Infektionszahlen gestiegen und unsere Berichterstattung wird nicht müde, diesen Anstieg als Headline des Tages zu publizieren. Bedenklich entwickelt sich daher auch die tägliche Nachrichtendramaturgie, die eigentlich aufklärend und informativ anstatt Ängste schürend sein sollte.

Einseitige Nachrichtenbrisanz

Dabei wird unser Weltgeschehen nicht ausschließlich von Corona bestimmt. Zumindest nicht hinsichtlich Nachrichtenbrisanz. So zum Beispiel ist die „Hölle von Moria“ immer noch ein Nebenschauplatz in unserer Berichterstattung. Freilich sind die medialen Bemühungen erkennbar, die äußerst komplexen Maßnahmen zur Krisenbekämpfung verständlich zu kommunizieren. Aber das täglich zur Schau gestellte Zahlenwerk trägt alleine nicht zum Verständnis bei. Zumal auch immer wieder dieselben Cluster aus Gastronomie und Freizeitaktivitäten, als Urheber der steigenden Zahlen, in das mediale Blickfeld rücken.

Fokussierung und Differenzierung als Mittel zur Angstbekämpfung

Kein Wunder also, wenn viele Unternehmen wieder einmal um Ihre Existenz bangen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein weiterer „Shutdown“ für ganz Österreich möglich sein wird. Unsere Berichterstattung sollte diesen und die mögliche Vernichtung von Existenzen im Bereich Gastronomie, Tourismus, Sport- und Freizeitaktivitäten deshalb auch gar nicht erst in ihrer Nachrichtendramaturgie zulassen. Wie zu Beginn der Krise sollte unsere Konzentration wieder vermehrt auf die Handlungen und Erklärungen von Regierung und Experten liegen, um eben diese „bedrohten Existenzen“ vor einem weiteren „Teil-Shutdown“ zu bewahren. Denn eigentlich haben sich die drei wichtigsten Regeln nicht verändert und Gesundheitsminister Anschober hat sie heute zum Abschluss der Pressekonferenz nochmals erwähnt.

Zahlen, Daten, Fakten und was es sonst noch so Wichtiges gibt

Die Bevölkerung wird müde und das Thema Covid-19 hat trotz gestiegener Infektionszahlen längst nicht mehr die höchste Nachrichtenbrisanz verdient. Natürlich ist die tägliche Information über die Entwicklung der Zahlen und Maßnahmen zur Krisenbekämpfung immer noch unabdingbar. Aber unsere Sichtweise, unser Verhalten und unsere Hoffnungen die Krise zu überstehen werden nicht zur Besserung gelenkt, wenn gleichzeitig millionenfach Elend und Tod auf dieser Welt unbeachtet weiter geschehen.

 

 

Pixaybay-Bild: geralt