Hollywood als Lebensmodell: Über Kassenschlager und Fortsetzungsfilme
- Beitrag veröffentlicht:Dezember 4, 2014
- Beitrags-Kategorie:Mediendramaturgie
Die Ursprünge der Dramaturgie und den Erzählformen reichen zurück bis in die Vorschriftkultur. Der Anthropologe Christoph Campell erkannte bereits in frühzeitlichen Kulturen ein immer wieder auftretendes und sich wiederholendes Erzählmuster. Er nannte es die „Abenteuerfahrt des Helden“. Der Drehbuchautor Christopher Vogler, (er gehört übrigens auch zu den „Dramaturgiegurus“ in Hollywood), untersuchte diese Erzählmuster anhand von tausenden Hollywooddrehbüchern. In den meisten Blockbustern entdeckte er konkrete Übereinstimmungen.
Was ist ein Blockbuster?
Die Meinungen über eine exakte Definition konkurrieren. Einerseits handelt es sich um einen sehr teuer und aufwändig produzierten Film, andererseits um einen Kassenschlager. Entstanden ist der Blockbuster aber eher zufällig aufgrund unglücklicher Umstände.
Steven Spielberg produzierte mit Jaws den ersten offiziellen Blockbuster ohne es vorher zu ahnen. Viele Pannen während der Produktion verteuerten den Film und brachten ihn sogar beinahe zum Scheitern. Als sich Jaws dann als weltweiter Erfolg herausstellte, gierten die Hollywoodproduzenten nach einer neuen Strategie. Die Philosophie dieser Strategie lautete: Je teurer und spektakulärer der Film, desto höher werden die Kasseneinnahmen sein. Und lange hat dieses Konzept gehalten. (Auch wenn es derzeit etwas zu wackeln beginnt.)
In Wahrheit liegt der Erfolg von Blockbusterfilmen aber nicht so sehr in den spektakulären Bildern, sondern in den immer wiederkehrenden Erzählmustern. Kein Wunder, denn wie sollte man sich auch nicht immer wieder mit der Abenteuerreise eines Helden identifizieren können. Der Baustoff dieser Geschichten, die Dramaturgie, besitzt also eine gewisse Allgemeingültigkeit, die wir alle akzeptieren und nach der wir uns sogar sehnen. Die Sehnsucht zu träumen ist daher auch der Kitt, um Geschichten erfolgreich fortzusetzen.
Erfolgsdramaturgie als Sequelmotor
Wenn wir uns einmal entschieden haben die Konstruktion von Story und Figuren in unsere Herzen zu schließen, dann gehören wir wahrscheinlich zu einem Publikum, das auch Serien ganz besonders mag. Ich schätze, dass die meisten von uns dazugehören. Wir wollen wissen, wie die Geschichte weitergeht und welche Konflikte die Figuren noch zu bewältigen haben, um an ihre neuen Ziele zu gelangen. Genauso wie im realen Leben oder? Das Fernsehen hat nicht nur den Blockbuster verursacht, sondern auch den Boom von Fortsetzungsfilmen ausgelöst. Was als Serie im Fernsehen funktioniert, sollte auch für das demolierte Hollywoodkino Ende der 60er Jahre funktionieren. Und warum auch nicht, die Dramaturgie im Fernsehen unterscheidet sich als Kleinformat nicht von der Dramaturgie des Spielfilms. Als Unternehmer trachtet man aber immer nach Risikominimierung. Und Filmproduzenten sind nun einmal Unternehmer, weshalb sie auch nur bewährte Rezepte fortsetzen wollen. Ein Blockbuster MUSS erfolgreich sein und ein Vielfaches der Produktionskosten einspielen. Erst wenn das gelingt, wird er zum Motor für weitere Sequels. Der Blick auf Boxoffice beweist diese These eindrücklich. Auf den obersten Rängen können wir dort beinahe nur noch Fortsetzungsfilme finden. Der Grund dafür sind aber nicht nur die Geschichten, die wir so sehr mögen. Es sind vor allem die Figuren, die wir seit Beginn der Filmgeschichte zu lieben gelernt haben.
Story versus Figur
Die Story und ihr Bauplan sind also nicht alleine Gütemerkmale für erfolgreiche Filme. Wir erinnern uns an die Bedeutung des Wortes Dramaturgie. Drama bedeutet Handlung und für Handlungen benötigt man Figuren. Der Figurenbau, die Konstruktion von Figuren, die sich durch eine Geschichte hindurchbewegen, ist von größter Wichtigkeit. Wenn wir den Protagonisten nach den ersten Minuten hassen, kann die Geschichte selbst noch so packend sein. – Wir werden den Film trotzdem nicht mögen und auf keinen Fall eine Fortsetzung mit unsympathischen Figuren sehen wollen. Dramaturgisch müssen Story und Figur einander bedingen, um uns für mindestens neunzig Minuten im Kinosessel zu halten.
Figur versus Star
Trotzdem erleben wir immer wieder schwache Figuren, die aber durch die Besetzung eines Stars aufgewertet werden können. Das kommt zwar selten vor, weil die Stars hauptsächlich deshalb Stars sind, weil sie auch ein gutes Händchen für ihre Rollenauswahl haben, sich heute dramaturgisch besser denn je auskennen und sich deshalb kaum für eine schwach konstruierte Figur besetzen lassen. Ausnahmen: Der Star setzt Änderungen durch oder die Höhe der Gage lässt ihn über seine künstlerischen Kompetenzen und Ansprüche hinwegsehen.
Trotzdem muss die Figur der Held sein, der Star darf ruhig ein Schwächling bleiben. Auch wenn einige Agenten versuchen, ihren Klienten ein heldenhaftes Figurenimage aufzuhalsen. Darüber werde ich in meinem nächsten Beitrag etwas mehr erzählen.
Verwendete Quellen für diesen Beitrag:
Hiltunen, Ari (2001): Aristoteles in Hollywood. Das neue Standardwerk der Dramaturgie Dt. Erstveröff. Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe.
Holzer, Bertram (2012): Die Magie in Hollywoods Fortsetzungsdramaturgie. Diplomarbeit: Wien.