Interne Unternehmenskommunikation mit Storytelling

Mitarbeiterkommunikation

In Krisenzeiten zeigt sich die kommunikative Reizüberflutung besonders drastisch. Die Angst um den Arbeitsplatz geistert deshalb seit Monaten in den Köpfen vieler Mitarbeiter unserer Unternehmen. „Schlimm genug, dass von der Chefetage sowieso kaum Informationen in die Fläche dringen. Jetzt herrscht plötzlich völlige Funkstille. Keine Frage, es kann nicht mehr lange dauern, bis wir die Nächsten sind.“

Das Gift der Nicht-Kommunikation

Wie Paul Watzlawick so trefflich sagte, kann man nicht nicht kommunizieren. Folglich interpretieren Botschaftsempfänger „Schweigen“ auch als negative Kommunikation. Das reinste Gift für Mitarbeiter, die sowieso schon froh sind, von ihren Führungskräften positive Lebenszeichen eines funktionierenden Arbeitsumfeldes zu empfangen. Aber diese Ängste werden oft nicht erst aufgrund einer Krise, der mangelnden Information und Kommunikation oder steigendem Wettbewerbsdruck ausgelöst.

Die Spur zur wachsenden Verunsicherung führt auch zurück in die Vergangenheit. Damals, als das Unternehmen noch überschaubar war. Ein echter Familienbetrieb, in dem man den Chef noch kannte und der den Kasten Bier bei Feierlichkeiten höchstpersönlich in die Werkstädte schleppte.

Unternehmenswachstum auf der Überholspur

Wer erlebt hat, wie ein kleines Familienunternehmen zu einem Konzern heranwächst, kennt die folgende Geschichte:

Anfangs war alles gut, man kannte sich persönlich und das Arbeitsklima versprühte tatsächlich den Charme einer Familie, in der man für Werte und ein wertführendes Miteinander einstand. Der Chef führte zwar ein strenges Regiment, er war aber auch gerecht und scheute keinerlei Kommunikation mit seinen Mitarbeitern. Das Unternehmen begann zu wachsen, Mitarbeiter kamen und gingen. Einige sind hängengeblieben, wurden integriert und fester Bestandteil der anfangs kleinen Familie. Dann explodierten auch die Unternehmensstrukturen und ihre Komplexität. Die Gesellschaftsform änderte sich, unüberschaubare Organigramme entstanden und zahlreiche Führungsebenen wurden zwischen die Mitarbeiter geschalten.

Der Chef begann sich allmählich zurückzuziehen, die neuen Geschäftsführer waren akademisch top ausgebildet und pflegten höfliche Umgangsformen. Freilich wurde die Du-Kultur mit Stolz als Merkmal eines Familienbetriebes beibehalten. Allerdings begann das Top-Management zusehends unsichtbar zu werden. Inzwischen hat sich die vollständige Digitalisierung im Unternehmen längst etabliert. Kommuniziert und informiert wird meist nur noch per E-Mail und Intranet.

Längst verschwunden ist auch das gute alte „schwarze Brett“, Informationsveranstaltungen für Mitarbeiter werden zusehends rar und die Weihnachtsfeier ist insgeheim auch nur noch ein unerwünschter Pflichttermin.

Aber es gibt ja noch ein alljährliches und vorgefertigtes Mitarbeitergespräch mit einer Führungskraft. Und selbst dieses Gespräch landet schlussendlich verschriftlicht im Archiv einer überbordenden Personalabteilung. Die wiederum hat alle Hände voll zu tun, abseits ihrer Kernaufgaben auch noch die Aufgaben interner Kommunikation wahrzunehmen.

Immer noch bezeichnen wir uns als Familienbetrieb, obwohl nur noch die wenigsten Mitarbeiter die Eigentümer persönlich kennen. Jetzt wird das Unternehmen von Geschäftsführern geleitet, die als Universalgenies sämtliche Geschicke lenken und Probleme lösen sollen. Eine direkte Kommunikation mit den Mitarbeitern scheint schon aus Zeitgründen gar nicht mehr möglich zu sein. Und diese „eierlegenden Wollmilchsäue“ sollen jetzt auch noch basierend auf Daten und Informationen aus zweiter Hand entscheiden, wer gefeuert werden soll und wer nicht? Oder diese Last wird gleich in die nächste Führungsebene weitergereicht.

Sei es wie es ist. Der Mitarbeiter sitzt mittlerweile in einem Großraumbüro, das soziale Kontakte untereinander ja angeblich fördern soll. Seine Informationen bezieht er aus dem Intranet oder über andere Kommunikationsmittel. Wenn er Glück hat, erfährt er über den „Flurfunk“[1] mehr über (s)ein drohendes Schicksal. Die Geschäftsführung ist bemüht, das Vertrauen der Mitarbeiter nicht völlig zu verlieren.

Für den Mitarbeiter ändert sich damit nichts. Er weiß nichts über die tatsächlichen Hintergründe und folgenden Entscheidungen, die ihn und das Unternehmen möglicherweise betreffen. Natürlich gibt es immer noch Werte und Philosophie verschriftlicht. Trotzdem wird sein Vertrauen in das Unternehmen auch nach vielen Jahren zusehends erschüttert. Wie sollte das auch anders sein, wenn er nichts mehr über die Gründe bestimmter Entscheidungen erfährt und zudem die Entscheidungsträger gar nicht mehr kennt?

Kurzes Plädoyer über interne Kommunikation FÜR Unternehmer und Geschäftsführer

Verstehen Sie bitte die oben angeführte Geschichte nicht falsch. Mir ist durchaus bewusst, unter welchem Druck Sie als Unternehmer angesichts der herrschenden Pandemie arbeiten müssen. Aber wenn wir dieses verdammte Virus überstanden haben, werden WIR Ihr Unternehmen und SIE Ihre Mitarbeiter dringend benötigen. Gute, aufrichtige und treue Mitarbeiter langfristig für ein Unternehmen zu gewinnen ist ohne Krise schon sehr schwierig. Gerade deshalb wird Ihr zukünftiger Erfolg mehr denn je von der Art und Weise Ihrer internen Unternehmenskommunikation abhängen.

Unternehmenskommunikation mit Storytelling besteht nicht darin, Mitarbeiter mit Geschichten zu manipulieren. Interne Kommunikation funktioniert als aufrichtige und zeitgerechte Informationsform besonders gut. Verbunden mit Storytelling ist sie auch ein sehr probates Mittel, um einander besser und bestenfalls auch persönlich kennenzulernen. Dann können auch gegenseitige Motivationen, Absichten und Handlungen besser verstanden werden, um nachhaltig Verbindlichkeiten und Vertrauen zwischen Unternehmen und Mitarbeiter herzustellen.

Jedenfalls müssen wir zukünftig die (ungenutzten) Möglichkeiten unserer internen und externen Kommunikation überdenken und auch unsere Marketingkonzepte dahingehend ausrichten. Aber dazu etwas mehr im nächsten Beitrag.

[1] Umgangssprachliche Bezeichnung für die Gerüchteküche in einem Unternehmen. Ein besonders intakter „Flurfunk“ bedeutet m.E. auch, dass die erwünschte Funktionalität und Wirkungsweise interner Kommunikation versagt.

 

 

Pixaybay-Bild: russia