YouTube und Direct Publishing

YouTube und Direct Publishing

Im Beitrag Selbstverleger im Onlinegeschäft schrieb ich über die vielen Vorteile und Möglichkeiten des Direct Publishing für Autoren. Als Analogie zum „Modell (Online)-Selbstverlag“ lassen sich auch bei der Plattform YouTube interessante Parallelen entdecken.

„DU sendest“

Mit „Broadcast Yourself“ als ursprünglichem Slogan nahm die Plattform YouTube sogar unmittelbar auf sich selbst Bezug. Ganz nach dem Motto „Strahle dich selbst aus“ forderte YouTube (= „Du Röhre“ oder „Du sendest“) explizit dazu auf, sich in den audiovisuellen Praktiken der Selbstinszenierung zu versuchen.

Einer der drei Gründer, Jawed Karim, postete mit Me at the zoo das erste Video auf der Plattform. Der erzählerische Akt zur Selbstinszenierung gehörte offensichtlich zur Gründungsintention. Erstmals war es möglich selbst Fernsehen zu machen, um für ein weltweites Publikum „auszustrahlen“. Das audiovisuelle Format des direct publishing war aber auch von Beginn an umstritten.

So lesen wir in einer Schrift des Internet-Kritikers Keen: „YouTube stellt sogar die Blogs noch in den Schatten, was die Geistlosigkeit und Absurdität seiner Inhalte betrifft. Offenbar ist nichts zu prosaisch oder zu narzisstisch für diese Affen mit der Videokamera. Die Site ist eine unendliche Galerie von Amateurfilmen, die arme Idioten beim Tanzen, Singen, Essen, Waschen, Einkaufen, Fahren, Putzen, Schlafen zeigen oder auch dabei, wie sie einfach nur auf den Computerbildschirm starren.“ (Andrew Keen, Die Stunde der Stümper 2008, orig.: The Cult of the Amateur, 2007)

Leser und Rezipienten als Taktgeber für „erfolgreiches“ Direct Publishing

Was schlussendlich gefällt oder nicht gefällt entscheidet nicht ein Sender oder ein Verlag, sondern das Publikum. Schnell haben sich die Inhalte der „Affen mit Videokamera“ weiterentwickelt. Eine natürliche Auslese. Mit Anstieg der Qualität, dem Einzug des Wissenstransfers mittels Tutorials und der Etablierung vieler anderer Clip-Genres, waren auch ernsthaft kommerzialisierbare Absichten nicht mehr fern. – Die Marketingmotoren brummen jedenfalls bis heute sehr laut.

Wenn Sie als Autor früher einen Verlag finden wollten, stießen Sie auf die erste große Hürde: „Zugänglichkeit.“ Es galt zuerst einen seriösen Verlag zu finden, der sich überhaupt mit Ihrem mühevoll verfassten „Meisterwerk“ auseinandersetzte. (Leider gibt es auch heute noch sehr viele unseriöse Direkt-Verlage, bei denen nur Sie selbst als Autor viel Geld investieren.) Ein guter Verlag muss Ihr Werk also zuerst als lesenswert einstufen und in ihr Projekt investieren. Dann verstreicht wieder sehr viel Zeit, bis Ihr Buch endlich gedruckt wird und meistens haben Sie bis dahin immer noch nichts verdient. Dabei entscheidet doch nur Ihr Leser, was er lesen möchte und wofür er bereit ist, auch einen angemessenen Preis zu bezahlen.

Keine Risiken mit Qualität

Direct Publishing bedeutet auch sehr hohe Eigenverantwortung. Als selbständiger Autor und Verleger in einer offen zugänglichen Infrastruktur mit zahlreichen Tools tragen Sie für die Publikation Ihrer Geschichten nur ein Risiko: Sie müssen mit bestmöglicher Qualität Ihr Publikum erreichen. Nicht ein Verlag oder ein Sender kann diese Risiken für Sie übernehmen. Sie gestalten Form und Inhalt Ihres Buches und entscheiden, welche Marketingaktivitäten und Kampagnen Sie für Ihr Projekt starten. Sind das nicht auch großartige Möglichkeiten, um endlich der Welt Ihre Geschichten erzählen zu können?

Reichweite nutzen

Egal ob Sie ein Tutorial starten, Unternehmensfilme veröffentlichen oder Ihre private Show inszenieren. Sie nutzen YouTube als Plattform mit höchster Reichweite. Wenn Sie Ihr Buchprojekt selbst publizieren möchten, konzentrieren Sie sich deshalb auf das reichweitenstärkste Programm mit den meisten Vorteilen und günstigsten Konditionen. (Genau, Sie wissen welches Verlagsprogramm ich meine.) Nutzen Sie die weltweite Reichweite und Erreichbarkeit dieser Plattform für Direct Publishing und veröffentlichen Sie risikofrei Ihre schubladisierten Bücher. Konzentrieren Sie sich dabei lediglich auf die Steigerungsfähigkeit der inhaltlichen Qualität.

Auch viele früher als „Affen mit Amateurfilmen“ verurteilte YouTuber haben ihre Inhalte weiterentwickelt und verbessert. Schlussendlich haben Sie aber mit Direct Publishing die eigenverantwortliche und einzigartige Möglichkeit mit Ihren Geschichten ein sehr großes Publikum zu erreichen. Aber vergessen Sie bitte auch nicht, dass erfolgreiches Storytelling genau dort beginnt, wo das Offensichtliche endet.