Eingesperrt im Job?

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Eingesperrt im Job?

Nach einer langen Zeit im Homeoffice ist die Rückkehr in den gewohnten Arbeitsalltag für viele Mitarbeiter ein unerwartetes Erlebnis. Eingesperrt im Job und an einem gut überwachbaren Arbeitsplatz ist diese Rückkehr vor allem für Mitarbeiter mit „Macherqualitäten“ mehr Qual als Wahl. Wie also die liebgewonnene Freiheit und das Gefühl nach mehr Eigenverantwortlichkeit vom Arbeitgeber zurückerobern?

Andererseits ist diese „Rückkehr in die Unternehmen“ für viele Mitarbeiter auch ein Segen. In meinem Beitrag Gestalter und Verwalter in Unternehmen versuchte ich das Dilemma zu beschreiben. Denn ein „Verwalter“ braucht meistens die soziale Geborgenheit eines Kollektivs. Für diesen Typ Mitarbeiter öffnet sich die Tür der Berufswelt erst mit dem Verlassen seiner privaten Wohnräumlichkeit.

Freiheit, die nicht immer glänzt

Denn die Hoffnung nach mehr Freiheit im Job, mehr Selbstbestimmtheit und damit verbundener Steigerung der eigenen Arbeitsqualität erweist sich im Homeoffice allzu oft als Trugschluss. Zu viele Ablenkungen in den eigenen vier Wänden stören unerwartet die erhoffte Ruhe.

Andererseits verlockt die erhaltene Flexibilität auch zur Erledigung privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit. Wir können es abgekürzt feststellen: Egal welcher Mitarbeitertyp sich im Homeoffice befindet, die wichtigste Erfordernis für den Erfolg dieses Beschäftigungsmodelles ist und bleibt die Wahrung höchster Disziplin!

Über Kontrollverlustängste der Arbeitgeber und entstehende Rivalitäten

Deshalb kann man den Arbeitgebern ihren Drang nach Mitarbeiterüberwachung kaum verübeln. Aber nur um möglichen Kontrollverlusten entgegenzuwirken wieder sämtliche Mitarbeiter in die eigenen Büros zu stecken, ist in mehrerlei Hinsicht tückisch. Einerseits haben während COVID viele Unternehmen in die Homeoffice-Arbeitsplätze investiert, andererseits sind mit der „Auslagerung“ von Arbeitsplatzkosten ja auch beachtliche Einsparungspotentiale sichtbar geworden.

Was also tun? Welchen Mitarbeiter kann ein Unternehmen mit gutem Gewissen in der privaten Umgebung eines Homeoffice beschäftigen und welche Mitarbeiter benötigen das soziale Umfeld in Obhut eines Unternehmens, ohne Rivalitäten zwischen Mitarbeitergruppen aufkeimen zu lassen?

Mit direkter Kommunikation und Evaluierung erfolgreich in zukünftige Beschäftigungsmodelle

Den eines ist klar. Nicht jeder Mitarbeiter wird zwischen dem was er will und was eigentlich für ihn gut ist differenzieren können. Als Kommunikationsberater empfehle ich Unternehmen hierbei immer mit größter Vorsicht vorzugehen. Zu viele empfindsame Seelen sind gerade in größeren Unternehmen keine Seltenheit. Ohne klar kommunizierter Begründung, ob Homeoffice für einen Mitarbeiter tragbar ist oder nicht, strahlt immer das Signal fehlenden Vertrauens aus.

Selbstredend, dass dieses Signal nicht förderlich für eine positive Mitarbeiterentwicklung beiträgt. Auch ein Mitarbeitergespräch alleine bringt keine Lösung. Evaluierung bedeutet, sich für jeden einzelnen Mitarbeiter Zeit zu nehmen und sein privates Umfeld mit den Möglichkeiten eines Heimarbeitsplatzes zu beurteilen.  

Wie ist das Umfeld zuhause, wie sind seine Leistungen in Vergangenheit gewesen? Was bedrückt ihn warum? Psychologisches Feingefühl ist hier gefragt, in erster Linie jedoch das aufrichtige Bestreben nach direkter Kommunikation mit einem Mitarbeiter, wenn es um die Evaluierung von Arbeitsplätzen geht.

Das klingt vielleicht aufwändig und ehrlich gesagt ist es das auch. Aber um wirklich dir richtige Balance zwischen Investition in Homeoffice und Einsparungspotentialen von Arbeitsplätzen festzustellen, sollten Sie keine Mühen scheuen. Schlussendlich bleiben nur glückliche Mitarbeiter längerfristig auch erfolgreiche und gewinnbringende Mitglieder Ihres Unternehmens.

Kontaktieren Sie mich gerne und jederzeit, wenn Sie mehr über meine angebotenen Dienstleistungen als Kommunikationsberater für Ihr Unternehmen erfahren möchten.

 

 

Pixabay-Bild: smadore

Capernaum – Stadt der Hoffnung

Capernaum - Stadt der Hoffnung

Die jüngsten Ereignisse in Afghanistan erinnern mich daran, dass sich Geschichte wiederholt. Hoffnung auf Freiheit und ein menschenwürdiges Leben rücken erneut in weite Ferne. Dabei ist Schicksal von Geburt an bestimmt. – So lässt sich zumindest das Thema des Films „Capernaum – Stadt der Hoffnung“ feststellen…

Bereits die ersten Bilder von Regisseurin Nadine Labaki spiegeln die sozialpolitischen Probleme des Libanon. Von Hoffnung also weit und breit keine Spur. In den Elendsvierteln Beiruts lebt der zwölfjährige Zain mit seiner Familie. Der junge Protagonist sagt schon zu Beginn, dass er sein Alter nicht kennt. Fehlende Identität und die damit verbundene Wertigkeit eines Lebens ziehen sich damit wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung. Aber beginnen wir von vorne.

Zain steht vor Gericht. Er klagt seine Eltern an, weil sie ihn geboren haben und sie kein Recht haben sollten, ein weiteres Kind zu bekommen, um das sie sich nicht kümmern. Mit aller Brutalität erzählt die Regisseurin in Rückblicken die Geschichte eines Kindes, dessen Schicksal von Geburt an vorbestimmt war und jegliche Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben zum Scheitern verurteilt.

Ein Leben, das geprägt ist von Misshandlungen, Erniedrigung und dem täglich harten Überlebenskampf. Die Eltern sind damit beschäftigt, über ihre eigenen Kinder zu überleben und „verkaufen“ Zains minderjährige Schwester Sahar für eine Heirat mit dem skrupellosen Lebensmittelhändler Assad. Zain kann seine fast gleichaltrige Schwester nicht retten und flüchtet alleine. Weg von seinen Eltern und nur mit der schwach lodernden Hoffnung auf ein besseres Leben.

Auf einem Rummelplatz bleibt er hängen. Hunger, der gestillt werden muss und Arbeit, die nur schwer zu finden ist, verschlimmern seine Situation. Aber dann findet er Unterschlupf bei der äthiopischen Putzfrau Rahel. Auch sie befindet sich auf der Flucht, braucht eine Identität und benötigt deshalb Papiere, um für sich und ihren einjährigen Sohn Yonas die Hoffnung auf Leben zu wahren. Auch sie stößt von Geburt an auf ihr Schicksal, kämpft gegen Misshandlungen, Unterdrückung und den Erpressungsversuchen eines Menschenhändlers, der mit der Registrierung einer Ketchupflasche mehr Wertigkeit, als für einen Menschen ohne Identitätsnachweis empfindet.

Zain kümmert sich um den kleinen Yonas, glaubt, ein besseres Zuhause gefunden zu haben. Aber dann wird Rahel verhaftet. Wieder ist er alleine, muss für sich und den kleinen Yonas sorgen und wird schlussendlich zum Handel mit selbstgemischten Drogen gezwungen. Die „Geschäfte“ laufen zuerst gut, dann wird er von seinen Käufern geschlagen und vertrieben. Und als er eines Tages vor der verschlossenen Hütte steht, verliert er auch sein darin verstecktes Geld, das er für seine Flucht mit Yonas beiseitegelegt hat.

Sein Überlebenskampf geht von vorne los, spitzt sich wiederum zu und er muss als Höhepunkt den kleinen Yonas an den Menschenhändler verkaufen, um zu leben. Aber auch für seine Flucht benötigt er Papiere, die er nicht hat und die er auch in der Wohnung seiner Eltern nicht findet. Stattdessen erfährt er vom Tod seiner „verkauften“ Schwester, die auf den Stiegen eines Krankenhauses verblutet ist, weil auch sie keine Papiere hatte.

Ein Leben ohne Identität ist ohne Wert. Die Regisseurin schreibt den Eltern die Verantwortung für Identitätsstiftung zu, weshalb zum Schluss das allumfassende Thema des Films erfüllt wird: „Menschliches Schicksal ist von Geburt an bestimmt.“ Zain wusste das von Beginn an und sitzt deshalb im Gefängnis. Hoffnung auf ein besseres Leben gibt es nicht für alle Menschen.

Aber Zain erreicht mit dem Prozess gegen seine Eltern zumindest für einen Augenblick die Aufmerksamkeit einer großen Öffentlichkeit. Die Hoffnung auf Besserung bleibt, weshalb zum Ende der Fotograf – ohne es zu wissen – das einzige Mal ein zaghaftes Lächeln des jungen Protagonisten erfährt.

 

Bertram Holzer

Pixabay-Bild: geralt

Das Haus meines Großvaters

Das Haus meines Grossvaters

Wieder neigt sich ein Sommer seinem Ende zu. Eine erholsame Woche im Salzkammergut endet, aber nicht ohne Zwischenstopp in der Heimatgemeinde meiner Mutter. Genauer gesagt, im idyllischen Örtchen Neukirchen am Großvenediger. Viele schöne Kindheitserinnerungen verbinden mich mit diesem Ort, der schon zu meinen frühesten Lebensjahren regelmäßiges Urlaubsdomizil war. Nachdem wir heuer zum zweiten Mal hintereinander auf ein fernes Reiseziel und auf Meeresluft verzichtet haben, war bei einem Österreichurlaub der Abstecher nach Neukirchen auch willkommenes Abschlusshighlight.

Unser Reiseziel naht, wir sind bereits durch Mittersill gefahren und vor uns liegen nur noch wenige Kurven. Dann endlich sehe ich den Kirchturm von Neukirchen und kurz darauf setze ich den Blinker, um gleich in die erste Ausfahrt – weg von der Umfahrungsstraße – abzubiegen. Meine Frau sitzt neben mir und grinst. Ohne Worte, denn sie weiß natürlich genau, dass ich zuerst immer durch das ganze Dorf fahren möchte, um den Durst meiner Neugierde, was sich seit dem letzten Mal alles verändert hat, zu stillen. Und warum auch nicht? Unser Hotel liegt schließlich genau am anderen Ende und am Waldrand von Neukirchen.

Schnell erkennen wir, dass die Häuser und Hotels auch während COVID-Jahr 2 ihren ungewohnten Winterschlaf gut überstanden haben. Die Ortschaft scheint mit frisch gestrichenen Häusern und Hotels neu zu strahlen und noch wichtiger: Es gibt wieder Urlaubsgäste, die gemütlich die Straße entlang spazieren. Aber der spannendste Augenblick während dieser Durchfahrt folgt kurz vor der Ankunft bei unserem Hotel. Dann, wenn ich am Haus meines Großvaters vorbeifahre und erwartungsvoll hinüberblicke, nur um Gewissheit zu haben, dass dieses Haus immer noch steht. Mein Blick schweift kurz nach links und ich sehe, dass auch das „Haus Bergkristall“ immer noch seinem Namen entspricht.

Wir fahren am Miniaturgolfplatz, der am Fuße unseres Hotels liegt und früher ein Minigolfplatz war, vorbei. Ein kleiner steinerner Fliegenpilz, in den ein Spieler schon vor über 40 Jahren die letzte Kugel schlagen musste, ist das letzte Überbleibsel der ursprünglichen Anlage, die früher inmitten eines kleinen Waldes mit hoch in den Himmel ragenden Tannen lag.

Wir sind angekommen, ich parke und noch bevor ich unser Hotel betrete, schaue ich hinunter auf das Haus meines Großvaters, das umzingelt von einer gewaltigen Bergkulisse und greifbar scheinender „Dreitausender“ des Nationalparks Hohe Tauern wie ein Aussichtsturm ankert. „Opa hat mit dem Hausnamen Bergkristall echt ins Schwarze getroffen“, denke ich noch kurz, bevor wir mit unserem Gepäck das Hotel betreten.

Unsere erste Unternehmung ist nicht der Sprung ins kühle Nass der wunderschönen Naturpoolanlage des Hotels. Traditionell besteht die erste Erfrischung in Form des weltbesten Eises, das es etwas weiter unten im Ort gibt. Unser Weg dorthin führt uns durch einen kleinen Park, der gegenüber vom Haus meines Großvaters liegt und der genauso Teil meiner Kindheitserinnerung ist. Auch der Park hat seit letztem Jahr kleine Veränderungen erhalten, weshalb wir uns kurz auf eine der neuen Holzbänke setzen, von der aus ich den besten Blick auf das Haus habe.

Nun, seit einigen Jahren ist dieses Haus nicht mehr in Familienbesitz. Ein Fremder hat es vor einigen Jahren gekauft und in fast unheimlicher Art und Weise besonders liebevoll renoviert. Deshalb hat sich äußerlich kaum etwas verändert, im Gegenteil. Der Name „Bergkristall“ ziert heute eine bemalte Milchkanne, die vor der Eingangstüre steht. Der kleine Holzschuppen hinter dem Haus durfte auch stehen bleiben und sogar die Initialen meines Großvaters auf einer Seite und die meines Onkels auf der anderen Seite im Dachgebälk sind gut lesbar erhalten geblieben. Und obwohl das Haus mit Ferienappartements für Urlaubsgäste im Winter und Sommer mietbar ist, so könnten auch heute noch wir, unsere Familie, diese Gäste sein. Ich schrecke kurz auf, weil ich einen mir nur allzu bekannten Gegenstand zu sehen glaube. Ich stehe auf und nähere mich dem Haus. Tatsächlich liegt im Eingangsbereich als Dekorationsgegenstand der Schieferstein mit Hausnummer, der früher an der Wand neben der Haustüre hing.

Mein Großvater lebt jetzt zwar seit über 40 Jahren nicht mehr, aber ich erinnere mich immer noch gut daran, wie er auf seinem „Bankl“ vor dem Haus unsere Ankunft erwartet hat. Ich sehe auch noch den Holzzaun vor mir und höre, wie die Holzgattertüre hinter mir klappernd zufällt. Und weil Opa ein bekannter und begeisterter Mineraliensucher war, baute er auch neben der Eingangstüre ein kleines steinernes Häuschen, in dem ein Gartenzwerg herausschaute und auf dem ein echter Bergkristall als Dachspitze einzementiert thronte. Großvater freute sich immer sehr, wenn wir zu Besuch unseren Urlaub bei ihm verbrachten. Wohl noch mehr, als nach meiner Oma auch seine zweite Frau viel zu früh verschieden ist.

In meinen Gedanken wandere ich durch das Haus, sehe die Nummerntäfelchen an den verschiedenen Zimmertüren hängen und mir fällt ein, wie ich mich als Kind immer gewundert habe, wo denn die ganzen anderen „Gäste“ sind, die dann meine Onkel, Tanten und Cousins waren und die nicht selten zur selben Zeit wie wir bei unserem Großvater wohnten. So wurde das Haus meines Opas auch zum Familienferiendomizil seiner Kinder und Enkel.

Im Wohnzimmer saßen wir in „kleiner Runde“ zusammen. Eine Stube, wie sie wohl typisch für die Pinzgauer Region war. Ein kleiner grüner Kachelofen mit weißer Haube in der einen Ecke, eingefasst mit einer Sitzbank um sich im Winter nach dem Schifahren aufzuwärmen. In der gegenüberliegenden Ecke ein großer Holztisch mit Holzstühlen und Eckbank. Der angenehme Tabakgeruch von Opas Pfeife mischte sich mit dem einschläfernden Klacken der Pendeluhr. Abends saß man dann zusammen und diskutierte über frühere Zeiten und obwohl ich als kleines Kind nichts von all dem was die Erwachsenen da sprachen verstand, lauschte ich gespannt ihren Worten und sah, wie sich gelegentlich auch der Onkel meiner Mutter für einen Besuch dazugesellte, sein Schnapsl genoss und seine Erlebnisse während dem ersten und zweiten Weltkrieg erzählte.

Auf der anderen Seite im Erdgeschoss war früher das Frühstückszimmer. Noch heute rieche ich das Holz in diesem Raum, das sich mit dem Aroma frischen Kaffees mischte. Wenn auch die anderen Familien bei Opa zu Besuch waren, wurde in diesem Raum nicht nur gefrühstückt. Er war für uns auch am Abend ein beliebter Treffpunkt, in dem wir uns unterhielten, lachten, uns mit Brett- und Kartenspielen verweilten. Die Küche befindet sich auf der anderen Seite und ich erinnere mich, wie meine Mutter nach unseren Wanderungen im Sommer mit den gesammelten Eierschwammerln eine köstliche Suppe kochte oder wie ich mich nach dem Heidelbeerpflücken auf die selbstgemachte Marmelade freute. Neben dem Frühstückszimmer führt die erste Treppe hinauf in das erste Obergeschoss. In der Wand dazwischen hat mein Großvater einen Schaukasten eingebaut, in dem er einige seiner Mineralien, Bergkristalle, Epidoten und Rauchquarze, ausgestellt hatte.

Ich war erst sechs Jahre alt, als auch Opa als mein letzter Großelternteil unerwartet verstorben ist. Trotzdem haben wir, seine Nachkommen, noch viele schöne Jahre während dem Sommer und während dem Winter in seinem Haus verbracht. Heute ist beruhigend zu sehen, dass an diesem Haus zumindest äußerlich die vielen Jahre und Geschichten scheinbar spurlos vorübergezogen sind. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen.

Nicht, weil wir jetzt doch große Lust auf das lange ersehnte Eis bekommen, sondern weil ich plötzlich die alte Tafel mit der Aufschrift „Haus Bergkristall“, die früher an der oberen Stirnseite des Hauses hing, an der Wand des Holzschuppens aufgehängt sehe. Ja, das Haus meines Großvaters ist in gute Hände gelangt und es ist besonders tröstlich, das zu wissen.

 

Bertram Holzer