„WhatsApp“ als überwindbare Sprachbarriere

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Erinnern Sie sich noch an die Frühzeit der Mobiltelefonie? Der Witz, dass bei einem Anruf im Restaurant gleichzeitig etwa zehn Personen ihr Handy aus der Tasche ziehen, sorgte damals noch für große Erheiterung. Mittlerweile ist es ziemlich ruhig in unseren öffentlichen Räumen geworden. Diese Stille wird meist nur durch kurze Signaltöne oder Vibrationsgeräusche gestört. Heute scheint es geradezu verpönt zu sein, in der Öffentlichkeit ein Telefongespräch zu führen. Tatsächlich hat der Nachrichtendienst WhatsApp einen revolutionären Siegeszug gefeiert und unser Kommunikationsverhalten größtenteils nachhaltig verändert.

Ruhe bitte! – Telefonieren verboten.

Ein wesentlicher Grund für den Siegeszug von WhatsApp bestand darin, dass in der Blütezeit der Mobiltelefonie, als Handys auch noch überwiegend für die Gesprächsführung benutzt wurden, diese als zunehmend belästigend und als Ruhestörer wahrgenommen wurden. In Eisenbahnwaggons wurden beispielsweise Ruheabteile eingerichtet, in denen nicht telefoniert werden durfte. Es musste also zunehmend „still“ kommuniziert werden. Sämtliche Details und Ausschweifungen, die unsere Sprache als Kommunikationsmittel zulassen, werden jetzt mittels Kurznachrichten und Mediendateien abgekürzt und ausgetauscht.

WhatsApp als „gescheiterter“ Sprachdienst?

Auf Ebene der Mediensemiotik zeigt sich gerade das Logo von WhatsApp als besonders interessant. Deutlich sehen wir einen Telefonhörer in eine Sprechblase eingebettet, womit eigentlich kein Textnachrichtendienst suggeriert wird. Freilich können auch Sprachnachrichten übermittelt oder in Textnachrichten für die Übermittlung umgewandelt werden. Tatsächlich ist WhatsApp aber auch heute noch ein klassisches Medium für Textnachrichten, unabhängig der vielen anderen Möglichkeiten des Informationsaustausches von Mediendateien. Unerwünschte Akustik, die ein Telefongespräch mit sich bringt, bleibt somit natürlich ebenfalls ausgeschlossen.

Vorgegaukelte Anonymität

In der stillen Einsamkeit des permanenten Nachrichtenaustausches kann der Schein von Anonymität und Diskretion nicht ferne sein. Wie innerhalb aller sozialen Netzwerke wurden wir auch mit der „Nichtgesprächsführung“ darauf konditioniert, einerseits sämtliche Peinlichkeiten unseres Lebens mit der Welt zu teilen und andererseits auf den Schutz und die Diskretion unserer Daten zu beharren. Dieser Widerspruch ist genauso erstaunlich wie der Irrglaube, absolute Diskretion einer Gesprächsführung auch in ungestörter Atmosphäre mit Textnachrichten zu erzielen.

Um es abschließend nochmals auf den Punkt zu bringen: WhatsApp hat unser Kommunikationsverhalten und aufkeimende Sprachbarrieren speziell in öffentlichen Räumen massiv beeinflusst und verändert. Allerdings auch mit großen Verlusten dahingehend, befähigt im Umgang mit unserem wichtigsten und ureigensten Kommunikationsmittel zu bleiben. – Unserer Sprache.

 

 

Pixaybay-Bild: Tumisu